Aggressive Punk Produktion Interview (23.10.11)

„D-PUNK DELUXE“ prangt es über einer der aktuellen AGGROPUNK Werbungen und diesem Anspruch sind AGGRESSIVE PUNK PRODUKTIONEN seit ihrer ersten Veröffentlichung treu geblieben. Sei es mit den Newcomern von KOTZREIZ oder den alten Hasen von RAWSIDE, AGGROPUNK haben mich noch mit jeder Veröffentlichung zu 100 Prozent überzeugt. Für mich Grund genug Matze, dem Betreiber dieses schicken Labels, mal ein paar Fragen per Mail zu schicken. Dabei stellte sich heraus, dass APP nur ein Baby von vielen ist und Matze wohl einer derjenigen ist, für die ein Tag mehr als 24 Stunden bietet. Also viel Spass beim Lesen!

Jetzt gibt es AGGRESSIVE PUNK PRODUKTIONEN nun schon über ein Jahr. Kannst du kurz Bilanz ziehen? Wie lief es?

In Zeiten wo Plattenlabels eigentlich dicht machen, lief es für uns ganz OK. Es gibt uns immer noch und es schaut im Moment auch so aus, als ob es uns noch 2012 geben wird. Es gab in der Zeit einige richtig gute Überraschungen aber auch wieder die Erkenntnis, dass man nicht immer für die Mühe belohnt wird. Das ist bei uns nicht anders als bei anderen Firmen. Manchmal gewinnst du, manchmal verlierst du.

Nachdem der „Aggropunk“ Sampler Vol. 1 ein durchschlagender Erfolg war, gibt es jetzt die Nummer 2, die natürlich wieder mit erste Sahne deutschen Punkbands gespickt ist. Wie groß sind die Erwartungen an den Nachfolger? Wie sind die ersten Reaktionen?

Also die ersten Reaktionen seitens der Presse sind für einen Sampler echt sehr, sehr gut. Reihenweise Kaufempfehlungen. Das hätte ich so nicht erwartet, wobei ich schon auch finde, dass der zweite Teil noch ein Stück besser geworden ist als der Vorgänger. Einziger Nachteil dabei ist, dass die Messlatte für den 3. Teil dann noch höher liegt. Aber gut. Bis dahin ist ja noch etwas Zeit. Ich bin vor allem gespannt wie er bei den Leuten ankommt bzw. angenommen wird. Der erste Teil war ja wirklich ein großer Erfolg.

Die Verkaufszahlen von CDs und Vinyl heutzutage gut einzuschätzen ist ja schon ein wahres Glücksspiel, zumal AGGRESSIVE PUNK PRODUKTIONEN gerade erst gestartet ist. Wie lagst du bisher mit den Einschätzungen? Liegen noch Tonnen von nicht verkauften Tonträgern rum?

Also bis jetzt lagen wir eigentlich immer ganz gut. Drei bis vier Mal mussten wir sogar nachpressen. Nur ein einziges Mal haben wir uns echt richtig dick verschätzt. Wir haben jetzt nicht viel zu viel produzieren lassen, aber einfach nicht erreichen können, dass sich überhaupt was richtig bewegt. Aber naja, kann man nicht mehr ändern und so lange es eine Ausnahme bleibt, ist das auch noch irgendwie verkraftbar. Aber auch wenn das jetzt so klingt als ob wir nur noch vereinzelte Tonträger auf Lager haben, ist dem natürlich nicht so. Labels haben fast immer zu viel im Lager herumstehen. Gehört wohl zum guten Ton.

Zu den Veröffentlichungen von RAWSIDE, THE STATTMATRATZEN und KOTZREIZ gab es vorab kleine, schick aufgemachte Singles. Was war das Ziel dieser Scheiben und wird es die in Zukunft öfter geben?

Ach das wird es immer wieder mal geben wenn wir glauben, dass es Sinn macht. Beispielsweise wird es so eine in ähnlicher Form wie bei Rawside für Rejected Youth geben, die auf unserem zweiten Label erscheinen. Der „tiefere“ Sinn dahinter ist eigentlich nur der, eine neue bald erscheinende Scheibe schon mal vorab mit ein paar ausgewählten Songs zu promoten.

Von einigen deiner Scheiben gibt es Vinylversionen, von anderen nicht. Wonach entscheidest du das? Warum gibt es von FAHNENFLUCHT z.B. nur eine CD-Version und warum läuft die Vinyl-Geschichte bei MISSBRAUCH über das SN PUNX Label?

Im Endeffekt ist das recht simpel. Ich schaue mir die Band und ihre Fans an. Es gibt einfach gewisse Gruppen da funktioniert Vinyl super – teilweise sogar viel besser als CD – und es gibt welche da geht so was gar nicht oder nur so wenig, dass es sich bei den hohen Produktionskosten nicht rentieren würde. Wenn ich eine Vinylscheibe produzieren lasse, dann muss ich einfach davon überzeugt sein, dass in den ersten 3-4 Monaten min. 50% – besser aber noch ¾ der Auflage verkauft ist oder zumindest noch über den Vertrieb im Handel steht. Andernfalls machst du einfach Minus und jeder der was anders behauptet, macht sich entweder selbst was vor oder es ist ihm als Diehard Fan eh egal ob er damit Miese macht.

Deine Veröffentlichungen gibt es natürlich auch bei iTunes und Co. zum runterladen. Verkaufst du darüber eigentlich viel? Ist der Punk von heute digital?

Es ist ein Bruchteil von den Gesamtverkäufen. Aber doch mehr als Du wahrscheinlich annehmen würdest. Bei iTunes shoppen ist jetzt auch nicht mein Ding. Aber ich find es cool, dass die Leute das machen und nicht illegal herunterladen und so die Bands und uns unterstützen.

Neben dem „Deutschpunk-Label“ AGGRESSIVE PUNK PRODUKTIONEN betreibst du noch CONCRETE JUNGLE, auf dem du die englischsprachigen Sachen unterbringst. Wie läuft es da? Ist momentan eher die deutsche oder englische Sprache gefragt?

Das kann man so nicht sagen. Beide Labels sind in den letzten 1-2 Jahren extrem gewachsen und sowohl Aggressive Punk Produktionen wie auch Concrete Jungle Records haben ihre Highlights und kleineren Newcomer Bands, die wir erst mal noch den Leuten näher bringen müssen. Dieses Jahr lag vielleicht Concrete Jungle eine Nasenlänge vorne. Aber da haben wir auch paar Veröffentlichungen mehr gehabt.

Gibt es einen großen Unterschied zwischen den beiden Plattenfirmen bei der Labelarbeit?

Vom Grundprinzip her gibt es da eigentlich keinen Unterschied. Du sprichst vielleicht mit den verschiedenen Labels ein anderes Publikum an, aber das ist eher Teil der Promoarbeit die natürlich auch zu so einem Label dazu gehört. Klar, dass eine Band wie Fahnenflucht größtenteils andere Fans hat als jetzt beispielsweise Adolescents oder Turbo A.C.’s. Aber der „Workflow“ – wie man das so schön Neudeutsch sagt – ist fast immer der gleiche. Es sind eher die Bands, die den Unterschied machen. Mit manchen ist man ratzfatz durch. Mit anderen zieht es sich wie Kaugummi.

Jetzt noch eine Klassikerfrage: Kannst du vom Label leben oder gehst du nebenbei ganz normal arbeiten?

Ich habe bevor ich Aggressive Punk Produktionen gestartet habe, aus einem Mix von Laden, Mailorder und Label gelebt. Hab mir damals aber schon recht bald wieder einige Grafikkunden gesucht und glücklicherweise auch gefunden. Denn mit dem Start des neuen Labels und dem Ausbau von Concrete Jungle Records stecke ich im Moment jeden Gewinn gleich wieder in das Label. Allerdings ist das schon trotzdem ein Fulltime Job, den ich so nur machen kann, weil ich als Grafiker selbstständig bin und das gut kombinieren kann. Das wird sich aber hoffentlich bald wieder etwas einpendeln nach den großen Anfangsinvestitionen zum Start von Aggressive Punk Produktionen.

Da du ja offensichtlich mit zwei Labels nicht ausgelastet bist, hast du noch eine eigene Band am Start, REJECTED YOUTH. Da steht bald Album Nummer vier an und ich konnte vorab schon mal in die fast fertigen Songs reinhören. Ich muss gestehen, dass ich die Band bisher nicht kannte, aber ich bin schwer begeistert. Kannst du für jemanden wie mich kurz die Bandgeschichte abreißen?

Rejected Youth gibt es jetzt schon eine ganze Weile – seit 1998 um genau zu sein – und war irgendwann für mich auch ein Grund gewesen überhaupt mit einem eigenen Label zu starten. Oberbegriff wäre wohl Streetpunk. Wobei ich finde, dass es der Band – zumindest mittlerweile – nicht mehr gerecht wird. Über die letzten 13 Jahre haben wir doch unseren Sound von Platte zu Platte weiterentwickelt und immer mehr an Eigenständigkeit gewonnen. Naja und ansonsten gab es das Übliche. Einige Besetzungswechsel, Trennung, Reunion, Spaß und viel Streit.

Bei „For Fuck’s Sake“ habt ihr ja schamlos bei einer nicht unbekannten englischen Band geklaut, he he. Was sind denn deine wichtigsten Einflüsse in Sachen Punk?

Geklaut klingt immer so negativ. Es ist eher eine kleine Hommage an die Bands. Das mach ich immer wieder gerne. Wenn Du genau hinhörst findest du im ersten Song auch eine. Und bei der letzten Platte ebenso. Wobei bei For Fuck’s Sake eher unser Basser dafür verantwortlich war. Die wichtigsten Punkeinflüsse aufzuzählen find ich nicht so einfach. Da es sich ja auch immer wieder verändert. Cock Sparrer „Guilty As Charged“ ist sicherlich eine Scheibe die ich vor 12-13 Jahren rauf und runter gehört habe und mich wahrscheinlich heute noch unterbewusst beim Songwriting beeinflusst. Das merkt man vielleicht nicht unbedingt als Außenstehender – aber mir selber fällt das immer wieder an der Aufbauweise mancher Songstrukturen bei uns auf. Naja und sonst. Sicherlich Rancid, Transplants und viele neuere Amibands. Aber meine musikalische Bandbreite ist echt riesig und es ist unmöglich die hier mal eben in einem Satz aufzulisten.

Wenn ich es richtig verstehe, wettert ihr in „All That Glitters Is Not Gold“ ordentlich gegen die heutige „Jugend“ bzw. die „Social Media Generation“ und deren Moralvorstellungen. Wie stehst du selbst zu diesen neuen Medien? Nutzt du die privat oder nur für die Labelarbeit?

Nee, eigentlich nicht. Mir geht es um elitäres Gehabe in bestimmten Kreisen, die eine herablassende Haltung gegenüber Menschen an den Tag legen, die nicht in ihre Weltanschauung passen. Menschen, welche die Attitüde à la „Wir sind besser als Du, weil wir es WIRKLICH kapiert haben“ ausstrahlen. Das ist Bullshit. Sicherlich häng auch ich nicht mit Leuten herum, die mir auf den Sack gehen, aber deshalb muss ich noch lange nicht über diese urteilen oder sie ausgrenzen. Bezüglich Social Media, kann ich dir nur sagen, dass es mich eigentlich ziemlich nervt. Aber für die Labelarbeit unumgänglich und sicherlich auch sehr hilfreich ist.

Kannst du kurz schildern, was der Fan von der neuen Platte erwarten kann? Habt ihr euch, wie es so schön heißt, weiterentwickelt?

Aber auf jeden Fall haben wir uns weiterentwickelt. Nichts ist schlimmer als eine Band die sich immer wieder wiederholt. Vor allem beim Sound haben wir auch einen weiteren Schritt nach vorne gemacht. Simon Krauss von Trust In The Flow Recording Solutions war diesmal Produzent und hat wirklich ganze Arbeit geleistet und viel Zeit – und wahrscheinlich auch Nerven – da hineingesteckt. Aber es hat sich gelohnt und der Junge – wenn er so weiter macht – wird mal ein gefragter Mann im Studio- / Produzentenbereich werden. Bezüglich der Songs wird es für den ein oder anderen langjährigen Fan sicherlich wieder hier und da eine Überraschung oder sagen wir mal eine neue Seite von uns geben. Es sind aber auch noch genug „typische“ Rejected Youth Songs drauf. Aber entscheidet selbst. Ab dem 18. November überall erhältlich.

Ein paar Gigs zur Veröffentlichung der Platte stehen schon fest. Kommt da noch eine ausgedehnte Tour? Hast du dafür überhaupt Zeit?

Wir fangen gerade erst an für 2012 zu planen, denn bisher war der Fokus nur auf die Aufnahmen und die Veröffentlichung gerichtet. Es wird aber sicherlich viele Shows und / oder eine Tour neben den ganzen Festivals geben. Mal sehen.

Noch mal ein Themenwechsel. Wie stehst du zur Entwicklung in der Punk- und Oi-Szene, dass immer mehr Bands in die Deutschrock-Ecke abdriften und auf unsäglichen Festivals wie dem O.F.T. oder G.O.N.D. spielen?

Es ist doch so, dass solche „Punkbands“ auch schon vor 10 Jahren auf solchen Festivals gespielt hätten, hätte sich damals jemand für sie interessiert. Und das ist für mich der springende Punkt. Diese ganze Kacke gab es doch damals schon. Der Unterschied liegt doch einfach nur darin, dass diese Protagonisten viel mehr Zuspruch erhalten. Und das finde ich viel bedenklicher.

Nervt es dich auch, wenn Bands wie die KASSIERER, S.I.K. oder BETONTOD zusammen mit FREI.WILD auftreten? Wie reagierst du dann? Strafst du diese Leute mit Missachtung oder tolerierst du das?

Also ich sag mal so. Tolerieren will ich das ganz bestimmt nicht. Allerdings tangiert es mich auch nur peripher. Diese Bands sind mir persönlich nämlich ziemlich scheiß egal, interessieren mich nicht die Bohne und sind auch zum Teil meilenweit entfernt von meiner Welt. Ich frag mich nur bei manchen Bands wieso sie sich das antun?! Ob das Naivität, Dummheit oder einfach nur Geldgier ist?! Keine Ahnung. Ein Mix aus allem wahrscheinlich. Manche Bands wittern da wohl auch einfach den großen Erfolg und brauchen für ihr Selbstwertgefühl einen gewissen Status.

Wie sieht denn die Zukunft von AGGRESSIVE PUNK PRODUKTIONEN aus? Welche Bands dürfen wir demnächst bei euch begrüßen? Was ist sonst noch geplant?

Nun, im Moment ist für 2012 noch nicht all zu viel geplant. Das liegt vor allem daran, dass 2011 so intensiv war. Was ich aber schon mal verraten kann, ist dass die Jungs von Kotzreiz fleißig an einem neuen Album arbeiten, welches dann wohl im nächsten Jahr erscheinen soll. Weitere Infos zu den kommenden Veröffentlichungen müsstet ihr dann aber alle zu einem späteren Zeitpunkt auf unserer Webseite nachlesen oder einfach in den Newsletter eintragen.

Zum Abschluss noch eine kleine Frage in Bezug auf den Aggropunk Sampler Vol. 2. Als letztes Lied ist darauf „Aggropunk“ von AGGROPUNK drauf. Wer steckt dahinter?

Ach da war mir mal ausnahmsweise langweilig :) )

Vielen Dank für das Interview!
East Side Daniel
www.aggressivepunkproduktionen.de