Pöbel & Gesocks Interview 13.06.2010

Pünktlich zum neuem Pöbel & Gesocks Album „Becks Pistols“ unterhielt ich mich kurz und knapp mit Willi Wucher per Elektronischer Post, was Ihr hier nach Lesen könnt.

Moin Willi!
Nach 5 langen Jahren habt Ihr endlich das neue Album eingespielt, was kurz vor der Veröffentlichung steht.

Jepp, das war eine verdammt lange Zeit; und nun wurde es endlich wieder Zeit für ein volles, ganzes Album. Es gab von uns zwar zwischendurch stets diverse Samplerbeiträge (Chaostage-Soundtrack, Schlachtrufe BRD Teil 5359 (oder so), Pogo Partys & Promille Teil 2 etc.) – aber so ein richtig fettes, „ganzes“ neues Album ist schon immer wieder ein Highlight im Leben alter Haudegen…

Am 19 Juni ist die offizielle Release Party in der Dortmunder Kaktusfarm. Sind da besondere Aktionen geplant?

Na ja, wir überlegen uns derzeit noch was. Genaues ist noch nicht geplant, aber irgendwas werden wir schon machen. Abwarten – und Bier trinken.

Ist man da als alter Rockstar noch nervös oder zieht man das locker, Routiniert und natürlich besoffen durch?

Wir sind keine „alten“ Rockstars, sondern JUNG, FRISCH, UNVERBRAUCHT und AUFGESCHLOSSEN… Natürlich sind wir nicht nervös, denn das waren wir eigentlich noch nie – weil wir stets routiniert und besoffen auf der Bühne stehen. Da gibt sich eine Hand die andere, da greift ein Rad ins nächste – und die Kette wird nicht unterbrochen. Also so wäre die vereinfachte Antwort auf Deine Frage: Die jungen Rocker ziehen frisch und frei einen weiteren locker-routinierten Gig mit Alkohol im Schädel in Dortmund durch. Es wird dazu die eine oder andere Überraschung geben, denn es ist ja eine „Record Release Party“ – und weil das etwas Besonderes ist, werden wir versuchen, etwas „Besonderes“ mit ins Programm aufzunehmen. Hm. So oder so ähnlich, okay!?

Wie lange habt Ihr im Studio gebraucht um den kompletten Tonträger einzuspielen?

Wir waren fast 2 Jahre lang im Studio. Immer wieder mal an freien Wochenenden. Mitunter haben wir einen Song, manchmal auch 2 Songs eingespielt und dann auch direkt abgemischt. Das war ne schöne Zeit, immer am Samstag die Aufnahme (mit Saufen und Party) und Sonntags dann das (nervende) Abmischen (da haben dann nicht immer alle gesoffen) (ich aber schon)… Beim nächsten Album werden wir uns wohl aber wieder komplett für 2 Wochen in irgendeinem (guten) Studio einquartieren, von der Außenwelt abschotten und dann alles „am Stück“ aufnehmen sowie auch anschließend abmischen. Da das kongeniale KS-Studio in Bottrop ja jetzt leider die Pforten für immer geschlossen hat (wir waren die letzte Band, die in diesem legendären Studio aufgenommen hat), wird es uns demnächst wohl wieder nach Braunschweig ins Whiteline Studio ziehen. Mal sehen, mal abwarten…

Standen Euch irgendwelche berühmte Gastmusiker/Innen tatkräftig zur Seite oder habt Ihr den Kram komplett alleine eingerotzt?

Da wir eine extrem kommunikative Partyband sind, haben wir natürlich auch sehr viel enge Freunde/Verwandte/Helfer und Mitstreiter, die uns tatkräftig unterstützten. Das waren nicht immer nur „berühmte Gastmusiker/innen“, sondern auch „ganz normale“ Leute aus unserem Freundeskreis/Umfeld.
So was wie „Berühmtheiten“ haben uns aber natürlich auch geholfen, hier mal eine kleine Liste (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): Japanische Kampfhörspiele (Chor), Bogo und CB von Cotzraiz (Chor), Philipp von Unkrauts bzw. Cotzraiz (Akkordeon), Hüsch von Atomspione bzw. Rüpels Royal (Chor), Andreas vom KS-Studio (Klavier), Frank Herbst von Crazy United (Chor) usw.
Das schöne ist / war: Es herrschte immer Party total, eine super Atmosphäre, Stimmung & Bier & gute Laune bei allen Anwesenden. Das war und ist der Kniff – denn ich denke, dass man das bei jedem unserer Songs auf dem neuen Album raushört.

Dann quasseln wir mal ein wenig über das neue Album Willi!
Wenn Ich ehrlich bin, habe ich mit einem Pöbel Album gerechnet, das einige Hits vorweisen kann, (wie in der Vergangenheit auch) aber das es mich so umhaut, hätte ich im Leben nicht gerechnet.

Es ist natürlich sehr, sehr löblich, das Du so ehrlich bist. Vielen Dank für diese netten Worte. Ehrlich gesagt sind wir alle ein wenig über unsere „musikalischen Künste“ überrascht. Aber aufgrund der langen Zeit, aufgrund der vielen Proben, und last – not – least natürlich auch aufgrund der vielen Konzerte in den letzten Jahren sind wir vier Bandmitglieder so dermaßen fest zusammengewachsen…, das ist schon quasi wie bei einem gut – eingespielten Fußballteam, in dem der Mittelfeldspieler genau weiß, wie und wo er den Ball hinspielen muss („Steil! Geh Steil…!“), damit der Mittelstürmer ihn erwischt und versenkt. Tor! Das klingt jetzt vielleicht ein wenig „blumig“ – iss aber so!

Bis auf die letzten beiden Songs, die meinen Musikalischen Geschmack nicht zu 100% treffen, sind alle anderen Songs Hits bis Hymnen, was ja schon fast beängstigend ist.

He he! Der vorletzte Song „Weltuntergang“ entstand mit Inspirationen aus dem Hause Japanische Kampfhörspiele. Bei dieser Combo habe ich zwei Songs deren neuen Albums mit – eingesungen, und mich hatte irgendwie diese Power, dieses Tempo, dieses „Doom – Cross – Core – Metall“ Gebolze beeindruckt. Das wollte ich auch haben! Also erhielt Gitarrist Trevor den Auftrag, einen „harten, sehr harten“ Song zu komponieren; und Bassist Jennes wurde damit beauftragt, dazu einen Text mit viel „düster, Zerstörung, Grauen“ etc. zu schreiben. Das haben wir umgesetzt – denn „nur Partysong“ geht nicht auf einem ganzen Album. Der allerletzte Track „Alltagsschlacht“ sollte so was wie eine Hymne gegen den ganzen Spießbürgerscheiß werden. Und das ist es auch geworden. Ich mag grad den „Alltagsschlacht“-Song so sehr wegen der außergewöhnlichen Gitarrenarbeit (darf man das als Punkrockband so schreiben) und vor allem auch wegen dem Text. Das ist 10-fach-besseres Onkelz – Niveau – und das sollte es auch sein!

Verhält es sich bei Pöbel wie mit dem Wein? Je älter – desto besser?

Wein trinken geht gar nicht. Da kriegen Leute wie wir nur Sodbrennen von und die Brühe macht so müde…, also Nein! Lass mal – Wein geht gar nicht. Dann schon eher Champagner! Das prickelt… :-) Wir sind nicht alt! Wir sind nicht alt! Wir sind nicht alt! Wir sind höchsten reif und weise! Aber nicht alt! WIR SIND JUNG UND BRAUCHEN DAS GELD!!!!

Und zum ersten Mal ist mit „Guido (Ich Begreif Das Nicht)“ sogar ein „echter Politischer Song“ auf einem Pöbel Album, was bestimmt alle Kritiker überraschen dürfte, die Pöbel immer nur als „Ficken – Saufen – Oi!“ Kapelle abgestempelt haben.

Na ja, „politisch“ bzw. zumindest „sozialkritisch“ (und das ist dann auch übergreifend politisch, wie wir meinen) waren wir ja schon des öfteren. Abstempeln können und dürfen uns alle, die uns sowieso nicht mögen. Man kann es nicht jedem Recht machen, und das wollen wir ja auch gar nicht.

Alleine der Refrain „Ich begreif`das nicht, ich kann´s nicht verstehen! Einem Volk, das FDP wählt, kann es so schlecht gar nicht gehen.“ ist ganz großes Kino und bringt bestimmt nicht nur für mich die FDP auf den Punkt.

Jepp! Dabei ist der Text und die Message ja wohl absolut simpel und banal verfasst. Aber es trifft halt absolut den Nagel im Kopf. Diese Hohlpupen von der FDP (und allen voran „uns Guido“) sorgen für die absolute soziale Schieflage in Deutschland – und trotzdem werden sie gewählt. Unbegreiflich, unfassbar – und schlicht und ergreifen „Ich begreif das nicht!“…

Wie kam es zu dieser Thematik? Warum gerade die FDP? Alle anderen Parteien sind ja auch Dreck und setzen sich nicht gerade für „uns“ einfache Malocher ein.

Na, ums mal so zu sagen: Bei der CDU weiß man wo man dran ist, die sind scheiße-konservativ, präsentieren eine Eule als Bundeskanzlerin und halten pseudo-mäßig irgendwelche „christlichen Werte“ hoch (würg). Über die Frau Eule haben wir übrigens bereits vor ca. 4 Jahren einen Song veröffentlicht… „Du Arschloch“ war unser Beitrag auf dem 2. Pogo Partys und Promille Sampler…
Die SPD ist augenscheinlich die Partei des kleinen Mannes, aber auch hier weiß man, das es sich um eine Klüngelpartei handelt, die zwar gerne toll-sozial tut, uns dafür aber diesen Dreck wie Hartz-4 eingebrockt hat.
Die Grünen… – naja, für uns Punks sind die auch nicht zwingend wählbar.
Dann hätten wir noch „Die Linke“, die werden von Bildzeitung und ähnlichen CDU-Programmblättern gehasst und geschasst – das macht sie eigentlich ja schon sympatisch.
Man weiß also quasi bei allen Parteien, wo der Hase langläuft.
Aaaaaaaber bei der FDP ist eine Mogelpackung mit Lobiisten und sozialer Kälte zugange, und wenn man dann die Flitzpiepe Guido so hört, bleibt einer Band wie uns einfach nichts anderes übrig, als einen Song darüber zu verfassen.

Sehr aus der Seele gesprochen hat mir auch der Song „Die Kunst Ist Zu Schweigen“.
Wurde der Song aufgrund einer bestimmten Situation geschrieben oder bezieht er sich einfach nur auf das komplette Leben? Warum hat es satte 3 Jahre gedauert, bis dieser Text vertont wurde?

Wir haben den Song immer wieder so vor uns hergeschoben…, öfter mal „angeprobt“ (oder wie soll man das nennen?), aber nie so richtig fertig gestellt. Aber wir wussten, das wir auch aus diesem Track was wirklich „fettes“ machen werden…, und so entstand dann nach-und-nach ein guter Text und die gute Musik, bis wir uns selbst sagten „Fertig und Gut!“. Wir sind bisweilen sehr selbstkritisch bezüglich neuer Songs, mitunter dauert es sehr lange, bis ein Song so klingt, wie wir das möchten. Den Text dazu hat hauptsächlich unser Bassist Jennes verfasst – nicht aufgrund einer bestimmten Situation, sondern wie von Dir vermutet aufgrund des „kompletten Lebens“ mit manchen dummen Leuten.

Dumme Leute gibt es ja auch zuhauf in unserer „Szene“. Kannst Du Dich über manche Szene Geschichten / Kriege, die unter anderem auch deine Band betreffen könn(t)en, noch so richtig aufregen oder denkst Du „Leckt mich alle am Arsch“?

Größtenteils überwiegt das „Leck mich am Arsch“, klaro.
Das ist bei mir wohl mittlerweile altersbedingt, schnief!
Wobei manche Menschen natürlich soooo doof sind, das man nur noch über ihr jämmerliches Dasein lachen kann. Wenn ich mir z.B. diese arme Hupe Mosh von Knock Out angucke und was der so alles ablässt, um seine letzten Zuckungen in die Szene zu setzen – das ist Slapstik pur und geht nur noch unter „unfreiwillig komisch“ in die Analen ein. So einer wie er kann mich noch nicht mal mehr am Arsch lecken…

Inwiefern hast du denn Palaver mit K.O.Records?

Palaver“ hab ich ja gar nicht mit ihm (Mosh, Knock Out Records).
Allerdings hat der Herr ein kleines grundlegendes Problem: Ihm schwimmen sämtliche Felle davon, sein „Laden“ geht den Bach runter und er weiß gar nicht mehr, wie und wo er sich innerhalb der Szene positionieren soll. Immer mehr Geschäftspartner wenden sich ab von ihm; bekannte Bands produzieren ihre Alben lieber bei anderen Labels; und chinesische Sex Pistols Punkmusik muss auch nicht unbedingt jeder hören (denn das Original ist in jedem Fall stets besser und echter).
Aufgrund dieses „kleinen“ Problems, dass Mosh seit längerer Zeit vor sich herschiebt, versucht er affige Schlammschlachten zu inzenieren; dies vor allem gegen konkurierende Labels & Mailorder. Im Zuge dessen hat er halt auch vesucht, uns ans Bein zu pissen; dies mit albernsten Methoden und gefakten bzw. uralten Fotos.
Dumm dabei ist nur, das sich kaum jemand mehr auf ihn bzw. auf seinen Schwachsinn einlässt.
Und deshalb halt die Zuordnung: Mosh = unfreiwillig komisch = Slapstik pur.
Wir reagieren auf sowas auf unsere eigene Art, ignorieren seine lächerlichen „Inszenierungen“ und kommen vor Lachen nicht in den Schlaf…
Ich könnte natürlich unendlich viel über alte Mosh-Kellerleichen erzählen (ich kenn die Flitzpiepe schließlich schon mehr als 20 Jahre lang…) – da käme vor allem „politisch“ so einiges ans Tageslicht, das so manche seiner (Noch-)Freunde wie ein Hammer vor den Kopf treffen würde… – aber warum sollte ich mich auf so ein Niveau begeben?
So, und nun genug zu diesem Thema. Ich hab hier schon viel zu viel über eine Person geschrieben, die es eigentlich gar nicht verdient hat, überhaupt (noch) erwähnt zu werden!

Recht hast Du! Kommen wir zurück zum Album. Kaum zu glauben, aber auf dem Album ist nicht einmal das Wort „Ficken“ zu hören. Seid Ihr Krank?

Wir sind natürlich nicht krank, sondern anspruchsvoll pervers (geworden). „Ficken“ wurde auf den vorherigen Alben oft genug gesungen – auf „Beck´s Pistols“ wurde es Zeit, auch mal andere (auch „ernste“) Themen zu besingen. Und das schönste an allem ist ja, das in jedem unserer Songs ein Stück Wahrheit steckt.
Ich liebe es, hierfür Beispiele aufzuführen: „Du würdest gern auf Kokain – mit Amy Winehouse um die Häuser ziehn“ (Keine Träume) / „Das Herz schlägt halt – so lang es schlägt“ (Becks Pistols) / „Gabba Gabba Hey“ (Ramones) / „Uns schmeckt Bier bereits am Morgen – Pils statt Frühstück kein Problem“ (Wer nicht trinkt…) / „Unsere Bildung ist bescheiden – wir selber sind das nicht“ (Küß die Hand)… – die Liste ließe sich unendlich fortführen.
Also: „Ficken“ war gestern – und ist vielleicht auch „morgen“ (beim nächsten Album) wieder angesagt… – bei „Beck´s Pistols“ gibts diesmal ein etwas anderes Programm. Wohl gefällt´s…

Waren denn die Ramones für Dich wirklich eine soooooo große Band wie in dem Pöbel Song besungen?

Kurz und knapp: JA!!!
Außerdem „waren“ sie es nicht nur… – sie sind es auch noch heute!

Das ist ein schöner Abschluss und Ich sage mal, man sieht sich am 19 Juni in der Dortmunder Kaktusfarm zur Release Party.
Mit welchen Songs des „Becks Pistols“ Album kann man beim Auftritt rechnen?

Wir wissen selbst noch nicht, welches Programm wir für die Record Release Party in Dortmund zusammenstellen. Klaro spielen wir viele neue Tracks, denn das tun wir ja in letzter Zeit schon immer. Dazu zählen die Songs „Auf uns zwei“, „Beck´s Pistols“, „Guido!“, „Die Kunst ist zu schweigen“ und „Wer nicht trinkt“. Es kommt aber auf jeden Fall noch was dazu. Plus natürlich die alten Evergreens… – quasi ein buntes Programm für Jung und Alt! Und man munkelt, dass es auch etwas Bier fürs Publikum gratis geben wird. Man munkelt…
Besten Dank fürs Interview, die Pöbel & Gesocks Bagage grüßt alle Crazy United Freaks und vor allem Frank H.
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