Interview mit Stephan von Rundling (13.07.2019)

Vor ein paar Wochen erreichte mich die neueste Veröffentlichung von Rundling, das tolle zweite Album der RADIO CITY ROCKERS. Betrieben wird das Label von Stephan Rendke, der nunmehr seit fast 30 Jahren in der Szene aktiv ist, sei es in Bands oder eben mit seinem Plattenlabel. Allerhöchste Zeit also ihm ein paar Fragen zu stellen, z. B. über Politik, was er aktuell so treibt und wo die Reise hingehen soll. Viel Spaß beim Lesen!

Du bist nun schon einige Jahre in der Punkszene unterwegs, sei es mit Bands oder deinem Label. Stell dich und deine Stationen doch einmal vor.

Das ging bei mir so um 89/90 richtig los. Die DDR lag in den letzten Zügen… damals sprach man ja eher von der „schrägen Szene“. Es waren Freunde und die Radiosendung Parocktikum, die mir Bands wie SANDOW, DIE ART, BIG SAVOD oder DIE FREUNDE DER ITALIENISCHEN OPER schmackhaft machten… dann nahm ich eben in der jungen Gemeinde Gitarrenunterricht. Es folgten meine ersten Konzertbesuche. Ich fuhr damals viel mit meinem Moped in den Club „Sekte“ in Radebeul. Das waren so die ersten Berührungspunkte.
Meiner ersten Band trat ich dann 1991 bei. Die Band hieß THE BOTTLES (der Bassist Jenne sprach mich bei einem SKEPTIKER Konzert an)… und wir tourten bis ca. 2006 um die Dörfer. Das war so die verrückte Nachwende-Zeit, wo gerade im Osten extrem viel ging. Viel wurde improvisiert… wir klangen meistens fürchterlich… aber wir waren selbstbewusst genug… wir hatten ja auch unseren kleinen, treuen Fankreis… Die BOTTLES veröffentlichten erste Kassetten und später dann richtige Platten.
So kommt 1999 RUNDLING als Platten-Label ins Spiel. Es ging los mit einer Bottles 7“ und die zweite Veröffentlichung war dann schon das KALTFRONT „Live ‘88“ Album.
Nach dem Ende der BOTTLES spielte ich für ein Jahr in dem Folk-Projekt SCHURWERK.
Ab 2008 ging es mit den RADIO CITY ROCKERS los. Die spielten dann ihr letztes Konzert 2015.
Seit 2017 betreibe ich mit Jane Bee aus Leipzig das WILD EAST Label, mit dem Schwerpunkt rub-a-dub-reggae (also schwer 80er beeinflusster Reggae).

Was sind aktuell musikalisch deine Schwerpunkte? Hast du eine Band?

Ganz ohne Musik machen, geht es natürlich nicht. Ich hatte Lust, auf was anderes, als den klassischen Punk-/Rockband-Sound. Da fand ich mit Dub neue Möglichkeiten wieder richtig loszulegen. Nach 2015 ging es dann los, mit THE MONOTRONES. Zusammen mit Hans Kirschner, haben wir uns diesem Sound gewidmet. Das alte Feuer war wieder da. 2018 kam dann unsere erste 12“ EP in einer kleinen Auflage raus. Wir arbeiten viel mit analogen Synthis, 8Bit-Sounds und den klassischen rauen Dub-Effekten. Und das klingt dann doch irgendwie punkig…
Ich bin natürlich auch noch Musik-Fan und versuche immer wieder neue Sachen zu entdecken. Ich finde zurzeit die aktuelle Beat/Garagen Szene total gut. Da gibt es etliche tolle Bands. Beim Reggae finde ich immer wieder unheimliche Perlen im Untergrund… aber es liegt auch viel alte Musik auf dem Plattenteller.

Vor kurzem erschien das zweite Album der RADIO CITY ROCKERS, bei denen du auch aktiv warst. Die Veröffentlichung hat „gerade einmal“ fünf Jahre gedauert. Woran lag das?

Die RADIO CITY ROCKERS waren eigentlich immer mehr eine Liveband. Das war lange auch richtig cool, doch irgendwann war die Band-Atmosphäre nicht mehr so super harmonisch, so dass wir uns eine Pause auferlegten (aus der die Band dann aber nicht mehr zurückkam). Es existierte aber noch eine Studiosession von 2014.
Die ersten Mix-Versionen waren dann auch nicht so prall. So verging ein ums andere Jahr…. langsam glaubte keiner mehr an eine Veröffentlichung. Dann hat sich aber der Schlagzeuger Olli mit Ricardo vom Muggebude Studio in Verbindung gesetzt. Und Ricardo, hat uns in ziemlich kurzer Zeit einen ziemlich guten Mix gebastelt. Von da an ging alles sehr schnell.

Inhaltlich behandelt das Album viele Themen. Wer war denn für die Texte verantwortlich? Gibt es, mit Abstand gesehen, Sachen, die ihr heute nicht mehr schreiben / singen würdet?

Die Texte (außer den 2 Coverversionen) stammen von Jörg („Nachtboot“) und mir. Ich würde sagen, dass ich die Texte auch heute noch vertreten kann. Klar, manche Zeile, hat mir schon damals nicht so richtig gefallen, aber im Großen und Ganzen ist das gut.

Welche zwei Coversongs haben es denn auf das Album geschafft und warum gerade diese zwei?

Zum einen „Police in Helicopter“ von John Holt. Das Original stammt von 1983. Mit seinen 2 Akkorden eignete sich das Lied ideal für so eine Punk-Reggae-Version. Damit haben wir auch immer unser Set beendet. Der Song hat live richtig viel Spaß gemacht und die Leute gingen dabei super ab, also musste er mit aufgenommen werden. „Take it as it comes“ ist eine alte Doors Nummer. Die RAMONES, hatten das ja lange vor uns gecovert. Wir wurden von einem Filmemacher gefragt, ob wir eine Coverversion für seinen Kurzfilm (ein abgedrehtes Roadmovie) aufnehmen. Da haben wir diese Beat/Reggae/Psychedelic Version arrangiert und eingespielt. Der Song lief dann beim Abspann des Films. Besonders Andys Leadgitarre mag ich bei unserer Version. Man hört auch, dass der Song aus einer anderen Session stammt, als der Rest der Platte.

In „Keine Stadt“ beschreibt ihr sehr gut die Landflucht der letzten Jahrzehnte. Auch mich zog es, mangels vorhandener Perspektiven, vor vielen Jahren in die Großstadt. Betraf / betrifft das dich / deinen Freundeskreis auch? Wo lebst du eigentlich?

Ich wohne nach wie vor auf dem Dorf und habe mich da ganz gut eingerichtet. Schönfeld liegt im erweiterten Speckgürtel von Dresden. Da war die Landflucht zum Glück nicht ganz so schlimm. Seit ein paar Jahren ist es sogar so, dass wieder mehr junge Familien raus aufs Land ziehen. Das ist eine gute Entwicklung… so wird endlich frischer Wind ins Dorfleben gebracht. Landflucht fand und finde ich immer sehr traurig. Wenn ganze Regionen aussterben, dann lässt mich das nicht kalt. Der Text von „Keine Stadt“ ist aus der Sicht von jemandem erzählt, der immer noch die Hoffnung hatte, dass sich das Blatt noch mal wendet. Das macht seine „Kapitulation“ dann doppelt tragisch…

Musikalisch ist das Album ähnlich vielschichtig. Von Reggae über Ska und Funk, bis hin zu Pop und Punk ist alles vertreten. Wie kam das?

Wir hatten in unseren anderen Bands eher Punk, Postpunk oder Highspeed-Rock gespielt. Bei RADIO CITY ROCKERS war von Anfang an eine Tanzbarkeit der Lieder immer sehr wichtig. Und es funktioniert bei Funk und Offbeat einfach sehr gut, die Leute zum Tanzen zu bringen. Für die Soundmänner war das bei den Konzerten nicht ganz einfach, sich auf ständig wechselnde Stile einzustellen. Blitz sprach von einem „wilden Tohuwabohu“, nachdem er uns beim Schaubudensommer abgemischt hatte.

Leider gibt es die RADIO CITY ROCKERS nicht mehr. Wie kam es zur Auflösung und besteht die Chance auf eine Reunion?

Irgendwie fehlte es an neuen Songs und Ideen. Die Band war nicht mehr richtig produktiv. Wir haben immer nur unser Live Set geübt. Das hat uns alle irgendwie frustriert. Deshalb, dann auch die besagte Band-Pause. Zwischendurch sagte aber der Sänger: „Leute falls es mit der Band weiter geht, dann ohne mich.“ Und so haben wir uns letztendlich aufgelöst.
Reunion: Wir hatten das, nachdem die Songs fertig gemixt waren, kurz zur Sprache gebracht. Dann war aber schnell klar, dass nicht alle mitmachen würden. Damit war eine Reunion ausgeschlossen. Ich bin ehrlich gesagt, glücklich, dass die Scheibe überhaupt rausgekommen ist.

Jetzt noch einmal kurz zu dir. Was können wir von Rundling und dir in naher Zukunft erwarten?

Auf RUNDLING ist jetzt noch nix konkretes geplant. Irgendwann kommt hoffentlich wieder ein neues Kaltfront Studio – Album. Aber ich denke vor 2020 wird da nix passieren. Die neuen Songs klangen live aber schon mal ziemlich gut.
Das PARANOIA „1984“ Album müsste auch noch mal auf Vinyl wiederveröffentlicht werden. Mal sehen… vielleicht im Herbst oder so.
Mit Rummelsnuff und Asbach haben wir schon lange was geplant… mal schauen.
Bei WILD EAST (also das Reggae-Label) kommt in den nächsten Monaten ne 4 Song 12″ raus. Die wird richtig fetzig.
THE MONOTRONES spielen Gigs und die EP wird noch mal wiederveröffentlicht. Neue Songs werden gerade erarbeitet.

Die Europawahl hat leider gezeigt, in welche politische Richtung die Reise in Sachsen geht und bald sind bei euch Landtagswahlen. Werden da die Ergebnisse ähnlich schlimm ausfallen? Oder haben die Leute die für sie oft unwichtigere Wahl für den „Denkzettel“ genutzt und bleiben jetzt eher bei den alten Parteien?

Oh, wenn ich das nur wüsste. Mit meinen Prognosen, lag ich bei den letzten Wahlen meistens falsch. Ich habe aber zurzeit eher das Gefühl, dass die allgemeine Stimmung weiter zu Gunsten der AFD kippt bzw. sich manifestiert. Die Leute reden eher von einer „Abrechnung“ als einem Denkzettel. Die ganze großangelegte mediale Vorführung als „Hort des Bösen“ in Dunkeldeutschland, hat der AFD im Osten, voll in die Karten gespielt. Veranstaltungen wie „#Wirsindmehr“ oder „#unteilbar“ werden belächelt, weil es zum einen nicht stimmt, und eher an Großveranstaltungen der FDJ 1989 erinnert. Was ich jetzt schon öfters gehört habe ist: „Wenn die denken, wir sind Nazis, dann sind wir eben Nazis“… also ist diese ganze Denunziations-Strategie nicht aufgegangen.
Kretschmer und seine Einflüsterer, sind nun wirklich bemüht, die Kartoffeln aus dem Feuer zu holen, aber ob das noch gelingt… Ich weiß es wirklich nicht. Ich hoffe nur, dass die LINKE den Anschluss nicht verliert.

Vielen Dank für das Interview!

Web: https://www.facebook.com/Rundling/

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