Protection of Hate Interview (03.04.11)

 

Eure neue CD heißt „Bleeding Hardcore“.Meint ihr damit die blutenden Ohren die der Hörer von eurer Mucke bekommt oder die doch in einigen Teilen sehr gesplittete Hardcore Szene oder was gänzlich anderes?

SCHROD : Sicherlich eine interessante Interpretation. Aber in diesem Falle hat es mit beidem nix zu tun. Im Großen und Ganzen soll es unsere Verbundenheit, Einstellung und Leidenschaft zu dieser Musik ausdrücken. Ich für meine Person bin jetzt 21 Jahren mit dieser Musik verheiratet. In dieser Zeit habe ich viel erlebt, geschwitzt, geblutet. Körperlich wie mental. Jeder weiß, welch intensives Gefühl es ist zu bluten, positiv wie negativ. Wenn man blutet, wird einem sehr viel bewußt. Blut läßt uns nach Leben streben und viel Kraft, Willen entwickeln. Der Titel dient auch als Metapher für die Entstehung dieses Albums. Wir haben eine Menge Arbeit und Gefühle in dieses Album gesteckt. Einen anderen Titel, der dies alles auf einen Punkt gebracht hätte, gab es einfach nicht.

Ihr zockt einige sehr old schoolige Mischung allen möglichen HC Bereichen,man hört   Einflüße von Hatebreed den Rykers bis hin zu First Blood und den Anticops.Könnte man das so stehen lassen?Liegen dort eure Roots oder würdet ihr euren Sound einfach als POH Sound bezeichnen?

INGE: Old school ist schon in Ordnung, aber wir haben unterschiedliche musikalische Wurzeln, die sicherlich bei jedem ihren eigenen Einfluss hinterlassen haben. Bei mir zB. sind‘s schon Sachen wie Slapshot, Dead Kennedys, Slime oder auch Slayer. Auf unserer Myspace-Seite umschreiben wir’s mit „All Styles of fuckin hard music“ Ich sage mal das passt schon.

Wie entstehen eure Songs? Wie könnt ihr euch auf einen Nenner einigen??? Ihr habt ja auch ein  ehemaliges Mitglied von Postmortem am Start,die ja doch eher Death Metal gezocken.

Meistens setz ich mich zu Haus an die Gitarre, hab entweder schon n Riff in petto oder klimper n bisschen rum – und Zack – Idee im Kopp, ne coole Hookline gebastelt, aufn Recorder gehämmert und per Mail an die Kollegen geschickt. Im Probebunker wird’s dann auseinandergenommen, wieder zusammengesetzt, finalisiert und entweder es knallt oder fliegt raus!  Insgesamt gesehen wissen wir schon in welche Richtung es gehen soll und gibt’s mal unterschiedliche Meinungen, kann man noch miteinander reden, ohne dass wir uns gleich die Rübe einschlagen.

MIRA: Mit Zucker und Peitsche geht’s immer gut mit den Jungs *lol*.

Eure Texte sind wie eure Musik eher simpel gehalten, wirken dadurch aber viel ehrlicher und direkter. Habt ihr das bewußt so gemacht damit der Hörer kein Wörterbuch braucht oder wollt ihr somit einfach direkter auf den Punkt kommen und besser verstanden werden?

SCHROD : Als simpel würde ich unsere Musik nicht unbedingt bezeichnen. Es gibt da schon diverse Schmankel, musikalisch wie auch inhaltlich. Es ist aber schön zu lesen, das unser Anliegen erkannt und verstanden wird. Sicherlich haben wir den Focus nicht aus den Augen verloren, direkt, ehrlich und auch leichter konsumierbar zu sein. Wir sind Underdogs und sprechen die Sprache der Straße. Da ist nun mal kein Platz für schöne Worte und verschachtelte Polyrhythmen.
INGE : Ich find die Mucke muss nicht technisch perfekt sein, und nen Professor für Literatur haben wir auch nicht. Was wichtig ist, es muss krachen und Eier haben, zudem machen wir keine Musik für Musiker, sondern für den MOB und natürlich für uns!!

Wenn man euer gesamtes Package betrachtet seid ihr eine Band die das Thema Unity noch lebt bzw.praktiziert.Gut zu hören bei dem Song „Hardcore Brotherhood“.Wie denkt ihr über die heutige HC Szene,die ja doch in viele Gruppen aufgeteilt ist und hier und da eher durch Hip Hop und fette Ketten als gute Musik auffällt. Was ist HC für euch genau?Wie wichtig ist euch der HC „way of life“???

MIRA: Also das Thema Zusammenhalt und Freundschaft sind nicht unbedingt auf den Hardcore zu münzen, sondern eben unser „Way of life“. Bei POH geht’s sehr familiär ab, wir treffen uns nicht nur im Proberaum oder zum live zocken, sondern eben auch ausserhalb mit anderen Freunden zum feiern, aber auch Küche streichen oder Umzug fahren. Freundschaften und Zusammenhalt sind für uns ein wichtiger Teil unseres Lebens.
Zur heutigen HC-Szene kann ich nur sagen, dass sie sehr vielfältig ist, es gibt viele junge und technisch coole Bands am Start. Allerdings wird auch Toleranz viel gepredigt und wenig gelebt, jeder sollte das Recht haben, musikalisch das durchzuziehen, worauf er Bock hat, da gibt es kein schwarz und kein weiß (Voraussetzung für mich: Texte/Inhalte sind vertretbar).  Man muss nicht jede musikalische Schiene mögen, aber Respekt gegenüber anderen Bands sollte meiner Meinung nach schon vorhanden sein. Nur erkennen muss das jeder für sich selbst ;-).
Persönlich gehen mir Intoleranz und Respektlosigkeit auf den Sack, was sich z.B. im Moshpit beim Violence Dance äussert, wobei oftmals dieselben Leute predigen, dass doch bitte keine Tiere getötet werden dürfen, aber der Fuss beim Nachbarn im Gesicht landet.

Habt ihr euch bewußt als Trio gegründet?Ist das Leben on the road so einfacher oder ist es angenehmer sich die Gage durch drei als z.b durch 5 zu teilen? ;-)Habt ihr schon mal über ne zweite Klampfe nachgedacht?

INGE: Mira und ich haben nach dem Ableben unserer alten Combo erst mal einen Drummer gesucht, und dabei ist’s bis dato geblieben. Zu dritt ist‘s schon einfacher, im Proberaum krakeelen nicht so viele Leute durcheinander, man braucht unterwegs ein kleineres Auto, weniger Leute nerven rum und sooo viel mitschleppen muss man auch nicht.
Wir hatten auch schon einige Kandidaten für den zweiten Gitarrenposten, aber so richtig gefunzt hat‘s nicht, ist auch sicherlich nicht so einfach, neu in ein gefestigtes Kollektiv mit ihren Macken einzusteigen, und wir sind auch nicht unbedingt drauf angewiesen, muss eben auch menschlich passen.

Ihr habt auf eurer neuen CD mit Schulle von Toxpack und Gary von Pro Pain zwei bekannte Gastsänger am Start.Viele Leute werfen einem bei so was ja immer nur Name Dropping vor.Was verbindet euch mit den Jungs und wieso habt ihr gerade die beiden „ausgewählt“?

MIRA: Wir sind mit beiden Bands sehr gut befreundet, mit den Jungs von TP teilen wir uns einen Proberaum und haben, auch schon mit unseren alten Combos, live zusammen gezockt. Dadurch kam die Idee, zusammen Mucke zu machen. Wir mögen uns einfach und haben auch neben der Musik zusammen Spass. An dieser Stelle noch mal ein Dankeschön an Gary und Schulle für ihren Einsatz!

Ihr habt in den Berliner Kugelphone Studios aufgenommen,die ja bekannt sind für einen dicken Sound. Wie verlief die Arbeit im Studio? Seid ihr mit dem sehr rauhen,aber dennoch dicken Sound zufrieden? Mal angenommen ihr hättet richtig viel Kohle,hättet ihr einen „Traumproduzenten“ mit welchem ihr gerne mal aufnehmen würdet?

SCHROD:Die Aufnahmen waren auf jeden Fall sehr relaxt und lustig, schleppten sich aber leider etwas hin. Wir hatten in der Zwischenzeit noch einige Verpflichtungen und Micha mit Anticops ebenfalls. Letztendlich haben wir 9 Tage für die Produktion benötigt, die sich aber auf 6 Wochen ausdehnten. Wir sind mit der Arbeit im Kugelphone sehr zufrieden und hegen die Absicht, unser nextes Album wieder dort zu produzieren. Sicherlich gäbe es da einige Traumkandidaten für ein fettes Album. Es wäre schon interessant, wie unser Material klingen würde, wenn Zauberer wie Rick Rubin, Don Fury, Tue Madsen, Scott Burns, Colin Richardson, Ross Robinson, Zeus, Steve Richards oder Brendan O`Brien Hand anlegen würden. Oder vielleicht sogar Dieter Bohlen – haha

Ihr seid auch live sehr aktiv. Seht ihr mehr Sinn in einzelnen Shows oder würdet ihr auch gerne mal ne Tour fahren? Ggf.auch als Support?

MIRA: Live spielen macht uns einfach Spass. Man bekommt eine Menge Input, lernt viele Leute kennen, kommt durchs Land und kennt irgendwann auf der Autobahn alle Raststätten, die Läden mit dem goldenen M und kann auch mal ein wenig Kultur machen und sich die Gegenden, in denen man noch nie gewesen, mal genauer anschauen.
Klar würden wir auch gern mal eine längere Tour spielen, um nicht nach 2 oder 3 Shows hintereinander gleich wieder in das „Alltagsloch“ zu fallen, wo man den Knopf sucht, vom Rock’n’Roll auf Seriös umzuschalten. Grundsätzlich arbeiten wir mit Hochdruck an allen Fronten, um viel unterwegs zu sein.

Ich bin immer sehr gerne in Berlin und finde das die Berliner HC Szene einfach top ist.(siehe Final Prayer,Devil Inside oder Disrespect u.v.a.)Vielleicht könnt ihr ein paar Worte über die Berliner Szene erzählen und woran liegt es das dort so viele gute HC Bands herkommen?

SCHROD : Ich kann dies gut nachvollziehen. Ich liebe diese Stadt ebenfalls vom Herzen. Sie überrascht jedes mal auf ein Neues und bietet für jeden alles. In Bezug auf die hiesige Hardcore – Szene brodelt es schon immer gewaltig. Kaum sind Bands verschwunden, rücken neue gute Bands nach. Im Moment sorgen Bands wie All for Revenge, Tonedown oder Never Put Aside für ordentlich Staub im Moshpit. Aber auch alte Hasen wie Punishable Act, Anticops oder Final Prayer sind gut im Rennen. Es läuft alles sehr familiär ab und jede Band respektiert sich. Es werden gemeinsame Konzerte organisiert und alle haben sich lieb.
Berlin war schon immer ein großer Multikultimoloch und sicherlich vergleichbar mit einer Stadt wie New York. Berlin schläft ebenfalls nie. Das soziale Gefälle ist hier sehr ausgeprägt und die sozialen Schichten dermaßen konträr. Hier kann ein Penner mit einem reichen Schnösel zusammen ne Currywurscht an der nexten Ecke futtern, ohne sich in die Haare zu kriegen.  Berlin war schon immer eine arme und reiche Stadt zugleich und kann durchaus auch ein hartes Pflaster sein. Dies bietet natürlich eine hervorragende Möglichkeit für harte Ausdrucksformen. Da ist doch eine Musikrichtung wie Hardcore prädestiniert. Ausländische Bands fühlen sich hier auch  verstanden und touren gern, zumal es ja auch eine gute Klubszene gibt. Man kann schon fast auf jeder Damentoilette spielen, die ne Steckdose hat.

Darf ich euch fragen womit ihr euren Lebensunterhalt verdient wenn ihr grad mal nix mit der Band macht?

MIRA: Der Traum wohl eines jeden Musikers ist es, von der Musik leben zu können. Dem ist leider nicht so, so dass wir nebenbei ganz bodenständig für unseren Lebensunterhalt und gutes Handswerkszeugs im Proberaum sorgen müssen. POH zimmert nicht nur Songs zusammen, sondern kann auch mit Hammer, Nagel und ner Computertastatur gut umgehen ;-).

Wie steht ihr zum Thema Filesharing bzw.downloading?

MIRA: Ich finde es super, wenn sich Leute für unsere Mucke interessieren, denn natürlich lebt jede Band auch von einer guten Fangemeinde, die gehegt und gepflegt werden möchte. Unterstützen tut man aber kleinere Bands nur, indem man Konzerte besucht, CDs und Merch kauft. Und der kleineren Band tut es finanziell natürlich eher weh, wenn viele Leute die Pladde downloaden anstatt sie wirklich bei der Band einzukaufen, da sie ja kleinere Einnahmen und prozentual höhere Ausgaben für eine Produktion haben als z.B. AC/DC.
Und reinhören kann man ja im Internet in die „Bleeding Hardcore“, z.B. gibt’s einen schnieken Promoclip auf YOUTUBE: http://www.youtube.com/watch?v=gAp9vPSt7bk, aber auch auf unserer Homepage http://www.protectionofhate.de, oder bei Facebook und Myspace kann man einige Songs erlauschen und natürlich Infos erhalten.

Dieses Interview wurde von Marcel77 geführt